Mantel aus Wolldecken (1945)

von Irmgard Hölemann | Meine Mutter hatte mit uns vier Kindern den letzten Bahntransport von Neumühl, einem kleinen Dorf bei     Rastenburg/Ostpreußen, erwischt.

Nach unserer Ausbombung in Stettin wohnten wir dort bei Verwandten. Wir landeten nach einer zweitägigen abenteuerlichen Fahrt mit Tieffliegerbeschuss und Nachtstrohlager in Eisleben, wo wir ein großes Zimmer in einer Villa zugewiesen bekamen. Es dauerte nicht sehr lange, bis die amerikanischen Truppen kamen und wir auf der Stelle unsere Behausung räumen mussten. Wir suchten in der Nachbarschaft in nicht besetzten Häusern Unterschlupf. Meine Mutter blieb mit den beiden Kleinen zusammen, mein Bruder und ich getrennt anderswo.

Als vertragsgemäß die Amerikaner Eisleben an die Russen abgeben mussten, konnten wir zurück und erlebten eine Überraschung. Wir, die wir Hunger und kaum etwas zum Anziehen hatten, fanden Fleisch, Brot und Gemüsekonserven, die nur halb geleert waren. Auch eine große khakifarbene Wolldecke, aus der mir ein Mantel genäht wurde, war dabei.
Das war für uns wie ein Feiertag.

Autor: Imgard Hölemann