Deutsche in Dänemark (1963)

von Karl-August Scholtz | Diese bittere Erkenntnis erlebte ich 1963.

Ein kleiner Ferienort am Kattegatt in Dänemark, nicht weit von Kopenhagen. Es war mein erster Auslandsurlaub mit der Familie, in einer Zeit, in der einige Deutsche immer noch nicht begreifen konnten, dass wir den Krieg verloren hatten. Mit einem Sprachführerbuch von Langenscheidt hatte ich mir Mühe gegeben, Dänisch zu lernen. Am Urlaubsort fiel beim morgendlichen Einkauf auf, dass hier ebenso wie in anderen Geschäften, die Bäckersfrau und ihre Verkäuferinnen in vielen Sprachen Kunden bedienten, nur nicht auf Deutsch. Meine dänische Aussprache muss wohl fürchterlich gewesen sein, denn nach einigen Tagen fragten sie mich also, aus welchem Land ich denn käme.

Als ich Auskunft gab, erhellten sich die Gesichtszüge und man sprach plötzlich Deutsch mit mir, aber nur mit mir! Vielleicht weil sie merkten, dass ich Dänisch zu sprechen versucht hatte.

In den nächsten Tagen lernte ich nun von den Dänen, meistens schon am frühen Morgen, wie die Backwaren auf Dänisch hießen und auch was sonst dort üblich und wichtig war. Alle waren rührend um mich bemüht, und das alles auf Deutsch.

Eines Morgens stand ich allein mit der Bäckersfrau im Geschäft, als ein forscher Mann in den Laden stürmte und in einem mir immer noch wohlbekannten Kommando-Ton mit nur zwei Worten verlangte: „Vier Brötchen!“. Die Verkäuferin antwortete höflich, wohl meinetwegen sogar auf Deutsch, dass die Brötchen erst in etwa zehn Minuten aus der Backstube kommen würden. Darauf dieser Kunde mit schneidender Stimme: „Was, sieben Uhr und noch keine Brötchen?“, drehte sich um und verließ mit den Worten „Faules Pack!“ geschwind den Laden.

Während ich wie versteinert da stand, deutete die Bäckerin an, dass ich jetzt wohl verstehen könne, weshalb Dänen ungern Deutsch sprächen.

Selten war mir im Leben ein Augenblick so peinlich wie dieser.

Autor: Karl-August Scholtz

Schreibe einen Kommentar