Behördenwillkür – fast schon gewalttätig (1977)

von Lore Bünger | Im Herbst 1977 hatte die Hamburger Hochbahn AG beschlossen, die verschieden gedruckten Fahrausweise für Busse und S-Bahnen für beide Beförderungsmittel anzuerkennen.

Ich fuhr am 7. Oktober 1977 zum Einkaufen von Sülldorf nach Blankenese und kehrte mit meinem vollen Einkaufswagen zum Bahnhof zurück, löste am Automaten um 1l.16 Uhr eine S-Bahn-Fahrkarte, die ja nun seit einigen Tagen auch für den Bus gültig war. Dann bestieg ich unseren Bus Nr. 187. An der nächsten Station stieg ein Kontrolleur ein. Ohne Bedenken zeigte ich ihm meine soeben gelöste kleine Pappfahrkarte mit richtigem Datum und richtiger Uhrzeit.

Aber das genügte ihm seltsamerweise nicht. Er fragte: „Wo ist Ihr Zusatzfahrschein?“ Ich war erstaunt, denn es hatte in allen Zeitungen gestanden, dass die Fahrscheine ab sofort auf allen Strecken, ob mit Bus oder Bahn, gültig wurden.

Der Kontrolleur behauptete, ich sei ,,umgestiegen“ und benötige einen Zusatzfahrschein. Ein Blick auf die Uhr hätte genügt, um einzusehen, dass der Fahrschein vor wenigen Minuten gelöst worden war. Ich wollte ihm dieses zeigen, aber er steckte meine Fahrkarte (rechts unten) in seine Jackentasche und sagte: „Die behalte ich!“

Inzwischen waren wir am Bäckerplatz in Sülldorf angekommen, und ich wollte aussteigen. Da hielt dieser große Kerl mich am Arm fest und sagte: ,,Sie bleiben hier!“, und ich musste bis zur nächsten Station, der Endhaltestelle, mitfahren.

Daraufhin bat ich um seinen Namen, er nannte mir nur seine Dienstnummer, Nr. 4l40, und wollte meinen Personalausweis sehen. Ich hatte aber nur einen Lottoschein mit Namen bei mir, das genügte ihm nicht.

Der Bus kam an der Endstation an. Es wurde mir zu dumm und ich wollte aussteigen. Darauf packte er mich am Arm: ,,Sie bleiben hier!“

Ich sage ihm, dass ich meine 79 Jahre alte Mutter erwarte, und diese wahrscheinlich schon vor der Tür steht, ,,ich gehe jetzt nach Hause“. Er packt mich erneut, aber wir kamen überein, dass er die Polizei durch den Busfahrer rufen lässt. Der Busfahrer muss ein vernünftiger Mann gewesen sein. Er holt nicht die Polizei, sondern einen Oberkontrolleur von der Hamburger Hochbahn mit einem goldenen Rand am Mützenschirm!

Inzwischen ist fast eine halbe Stunde vergangen. Ich habe von der Telefonzelle an der Busstation meinen Mann angerufen. Der fragt über sein zweites Telefon bei der Hamburger Hochbahn, was ich nun machen soll, um von diesem Kerl, Nr. 4140, wegzukommen. Die raten ihm, dass ich 20 DM zahlen soll. Gegen Quittung (links) würde ich diese nach Prüfung „unter Umständen“ zurückerhalten.

Ich bin schon ganz am Ende und zahle die 20 DM in dem Moment, als der Oberkontrolleur eintrifft. Und ich bekomme ganz schnell von Nr. 4140 eine Quittung.

Der ,,Goldene“ lässt sich von Nr. 4140 meine Fahrkarte zeigen, und ich höre, wie dieser leise zu Nr. 4140 sagt: „Aber die Frau hat doch Recht, der Fahrschein ist gültig.“

Da trete ich natürlich an Nr. 4140 heran und will mein Geld wieder haben. Aber der ,,Goldene“ bedauert: Nun sei eine Quittung ausgeschrieben, und nun müsse ich das Geld von der Hamburger Hochbahn zurückfordern.

Na, denen hab ich vielleicht einen Brief geschrieben! Und mir vorbehalten, dies an die Presse zu bringen. Ein netter Mann aus dem Hauptbüro rief mich an und machte gut Wetter. Ich schlug ihm vor, Nr. 4140 nachts einzusetzen, wenn Randalierer unterwegs sind.

Er versicherte mir, dies sei bereits geschehen, was mir dann eine gewisse Genugtuung verschaffte.

Und meine 20 DM bekam ich natürlich zurück, eigentlich hätte ich noch Schmerzensgeld verlangen müssen -oder einen Kniefall von 4140!

Autorin: Lore Bünger

Schreibe einen Kommentar