Begrüßung „nach Art der DDR“ (1988)

von Hansjörg Petershagen | Als Fachvertreter für Konstruktion und Festigkeit von Schiffen im Institut für Schiffbau der Universität Hamburg nahm ich an einer Reihe internationaler Tagungen in der DDR teil. Die meisten fanden in der Sektion Schiffbau der Wilhelm-Pieck-Universität Rostock statt. Im September 1988 trug ich aber auch gemeinsam mit einem Kollegen der TU Hamburg-Harburg an der Hochschule Wismar vor.

Am Ende der Tagung gab es einen gemeinsamen Abend der Teilnehmenden. Er fand in der Klützer Mühle, einem außerhalb Wismars gelegenen Lokal, statt. Zu Beginn stand man beisammen und der Tagungsleiter begrüßte die Anwesenden. Diese Begrüßungen erfolgten stets in derselben Reihenfolge.

Als erstes wurden die Freunde aus der SU begrüßt. Es folgten die Gäste aus den sozialistischen Bruderstaaten und schließlich die aus dem westlichen Ausland. Die Aufzählung der Länder endete mit der in leicht abschätzigem Unterton vorgetragenen Nennung: „…und der BRD.“

Ich war bis dahin bei meinen Aufenthalten in der DDR stets bemüht gewesen, mich politisch neutral zu verhalten. Hier aber entfuhr mir spontan die Äußerung, es sei doch bedauerlich, als Deutscher in Deutschland wie ein Ausländer begrüßt zu werden. Es folgte ein längeres betretenes Schweigen um mich herum. Schließlich hielt man es jedoch offenbar für das Beste, meine höchst unpassende Bemerkung einfach zu ignorieren.

Später am Abend stand ich mit einem Wismarer Kollegen und seiner Frau vor dem Lokal. Wie bei Mühlen üblich steht auch die Klützer Mühle auf einem Hügel. In der Ferne konnte man das in Travemünde in der Nähe des Hafens liegende Hochhaus erkennen und der Frau meines Kollegen entfuhr die resignierte Bemerkung, nach dorthin werde sie wohl nie kommen.

Offenbar war ich an diesem Abend zu spontanen Äußerungen aufgelegt. So antwortete ich ihr, dies würde doch eines Tages möglich sein und fügte hinzu, meine Frau und ich würden sie und ihren Mann dann zu uns einladen und gemeinsam die Hamburger Oper besuchen.

Wie konnte ich damals wissen, dass dies ein Jahr später mit der Wende möglich wurde? So machten wir Anfang des Jahres 1990 mein Versprechen wahr, luden das Ehepaar ein und sahen in der Hamburger Staatsoper gemeinsam den „Fliegenden Holländer“.

Autor: Hansjörg Petershagen