Wenn eine eine Reise tut

von Ingeborg Schreib-Wywiorski | Wenn eine eine Reise tut, die konnte im geteilten Deutschland immer was erleben. In Westberlin lebten wir quasi auf einer Insel, umzingelt von der Deutschen Demokratischen Republik. Wenn wir Westberlin verlassen wollten, ob per Flugzeug, Eisenbahn oder Automobil, ohne gültigen Pass und Aus- und Einreisestempel ging es weder rein noch raus.

Mit gründlicher Gepäckkontrolle an den Grenzkontrollen der Autobahn, wenn den zuständigen DDR-Kontrolleuren deine Nase nicht passte oder dein Koffer verdächtig erschien oder dein Name im Pass Sabotage oder Verrat signalisierte, wie mein polnisches Erbe des Großvaters.

Da wir immer in den Schulferien ab 1949 jeweils von Berlin über Helmstedt nach Erbach im Odenwald zum Vater fuhren, kann ich ein Lied davon singen. Noch heute grübele ich darüber, was um Himmels Willen die ältliche Volkspolizistin in dem Fläschchen mit rotem Nagellack suchte, das sie aus meiner Kosmetiktasche klaubte, es hin und herdrehte, den Deckel abschraubte, es dicht vor die Augen hielt, dann daran schnüffelte, alle anderen warten ließ und sich schließlich doch davon trennte, als ich Fünfzehnjährige es ihr großmütig als Souvenir dalassen wollte.

Sollte das Bestechung sein? Fragte sie barsch. „Nein, nein“ beschwichtigte ängstlich meine Mutter und zog mich weg.

Warum nur dieses Misstrauen? Sollte das bis heute munter weiter existieren?

Autorin: Ingeborg Schreib-Wywiorski